Vom Trauma zur Power: Laurie Halse Anderson

Sie ist eine lebhafte, empathische, humorvolle und unbeirrbare Autorin, die unter 251 Kandidaten für den diesjährigen Astrid Lindgren-Gedächtnispreis (ALMA) ausgewählt wurde: Laurie Halse Anderson. Am 2. Mai 2023 hat die US-Amerikanerin den hochdotierten Preis in Stockholm in Empfang genommen für ihr phantasievolles, einfühlsames, mutiges Schreiben im Geiste der 2002 gestorbenen Kinder- und Jugendbuchautorin. Weiterlesen

„Der vergessene Führer“ Alfred Hugenberg

Der Medienkonzern, der Hitler zur Macht verhalf.
4. Februar 2023 – 16 Uhr im NS-Dokumentationszentrum München

Filmvorführung, Lesung und Diskussion über Totalitarismus und Medienmacht mit Joachim Käppner (Süddeutsche Zeitung ), Peter Zimmermann (Bergische Universität Wuppertal) und Gabriele Hooffacker (Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig).

Der Münchner Dokumentarfilmer Peter Heller erzählt in seinem Film aus dem Jahr 1982 die faszinierende Geschichte eines Mannes, der anhand seines geschickt aufgebauten Zeitungs- und Filmimperiums die öffentliche Meinung in Großstädten genauso wie in der Provinz prägte wie kein anderer in der Zeit der Weimarer Republik: Alfred Hugenberg. Seine Zeitungen stellte er schon früh in den Dienst des Kampfes gegen die Weimarer Demokratie. Weiterlesen

Weibnachten mit Goethe

Vor 15 Jahren durfte ich zum ersten Mal die Stimme Goethes sein. Ihn zu vertonen, seine Gedichte zu verkörpern und in seine Figuren einzutauchen war mir seither jedes Jahr im Dezember eine Ehre. Der Goethe-Gesellschaft München und Weimar gebührt der Dank, denn ihre Mitglieder haben erkannt: Die Interpretation ist nicht auf Geschlechterkongruenz angewiesen. Im Gegenteil: eine weibliche Stimme kann Dichtung (und Wahrheit) eine zusätzliche Farbigkeit verleihen.

Nach all dieser Zeit (und zwei Dezemberpausen) stehen in diesem Jahr nun tatsächlich Goethes Frauenfiguren im Mittelpunkt. Ausgewählt und eingeordnet wie immer von Dr. Johannes John sprechen heuer Aurelie, Helena, Iphigenie, Philine und viele andere, natürlich auch das Gretchen bei der Weihnachtslesung, die innerhalb der Vortragsreihe „Konstellationen des Weiblichen in Goethes Dramen“ stattfindet. Töchter, Mütter, Nichten, Gattinnen, eine Wunderheilerin, eine Prinzessin, eine Artistin.

Die wunderbare Birgitta Eila ist auch wieder mit uns im Trio und bereichert das gesprochene Wort mit einer Mozartfantasie, Bachs Präludium und Fuge in B (BWV 866) und der F-Dur-Nocturne von Chopin.

Montag, 12. Dezember 2022 um 19 Uhr – Frauen und Liebe bei Goethe: LesungVortragKonzert in der Goethe-Gesellschaft, Amalienstraße 38, 80799 München. Eintritt 6,- Euro, keine Anmeldung erforderlich.

Foto: Ausschnitt aus einer Radierung von Wilhelm Busch (gesehen als Illustration bei Goethe – Epigramme Venedig 1790, dtv klassik 1989)

50 Jahre Olympia: Team BR München auf Medaillenkurs

Wann: 6. Juli 2022, 19 Uhr
Wo: Montessori-Schule im Olympiapark

Eine kleine Gruppe von BR-Sprechern organisiert seit vielen Jahren Live-Lesungen für ihre Hörerinnen und Hörer – die Sprech(er)stunden – sie zeigen ihr Gesicht hinter der Stimme, nach der Devise: nah dran sein am Hörer und Radio erlebbar machen. Das Publikum schätzt diese Reihe sehr; sie findet im Münchner Funkhaus oder an den unterschiedlichsten Orten in Bayern statt.

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„Ein jeder kehre um von seinem bösen Wege.“ Als Pfarrer im KZ Dachau.

Sonntag 26. Juni 2022, 11 Uhr
Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau

Gedenkgottesdienst für Wolfgang Niederstraßer
von Kirchenrat Björn Mensing mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm

Als einziger Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern kam Wolfgang Niederstraßer im April 1945 ins KZ Dachau und auf den Todesmarsch. Vor 80 Jahren, am 28. Juni 1942, hatte er in einer Predigt gegen das NS-Regime Widerstand geleistet  – mit Worten: in einem Trauergottesdienst für Gefallene protestierte er durch Lesung von Psalm 10 öffentlich und hatte damit gegen den Kanzelparagraphen und das Heimtückegesetz verstoßen – nach Ansicht der Machthaber.

Auf die Mahnung seines Bayreuther Regionalbischofs Otto Bezzel, er möge sich zurücknehmen, antwortete Niederstraßer: „Schließlich haben wir in der heutigen Zeit nicht nur ein priesterliches, sondern auch ein prophetisches Amt zu versehen“ und hat damit auf das Versagen der Kirchen im Dritten Reich hingewiesen.

Wolfgang Niederstraßer starb am 21. September 1981 im Alter von 73 Jahren in Pfronten im Allgäu. Inzwischen sind auch seine Frau Inge, die in der NS-Zeit wie ihr Mann den Gruß „Heil Hitler!“ verweigert hatte, und seine drei Söhne verstorben.

Am Gedenkgottesdienst, veranstaltet von Kirchenrat Dr. Björn Mensing in der Versöhnungskirche auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau, werden mit Uta und Eric Niederstraßer zwei Enkelkinder teilnehmen und mit Luisa Niederstraßer eine Urenkeltochter. Mit Herzog Max in Bayern kommt ein überlebender Mithäftling von Wolfgang Niederstraßer aus dem KZ Dachau. Weitere Ehrengäste, Teilnehmer, alle Redner und Informationen finden Sie hier. Der Gottesdienst kann auch per Live-Stream verfolgt werden.

Das Foto zeigt – mit freundlicher Genehmigung der Familie Niederstraßer – das NS-kritische Ehepaar Inge und Wolfgang Niederstraßer.

Süddeutsche Zeitung: Münchnerin der Woche

Am 14. Februar 2022 erlebten wir eine große und beglückende Überraschung bei der morgendlichen Zeitungslektüre: Sabine Buchwald hatte mich mit den „Nazinen“ zur „Münchnerin der Woche“ ernannt. Danke!

Durch Zufall, sagt Julia Cortis, 52, sei sie auf Hermynia zur Mühlen (1883-1951) gestoßen. Es war viel mehr ein Glücksfall, dass sie den Bücherschrank vor dem Nordbad öffnete. Dort fand die Münchnerin zur Mühlens Roman „Unsere Töchter, die Nazinen“. Cortis, als Sprecherin, Moderatorin und Schauspielerin immer auf der Suche nach neuen Texten, blätterte in dem etwas abgegriffenen Buch. Sie fühlte sich augenblicklich hingezogen zu dessen antifaschistischem Inhalt und fand Gefallen am Stil der Sprache, der über „proletarische Romantikliteratur“ seiner Entstehungszeit hinausgehe. Geschrieben hat ihn die Autorin unter dem Eindruck der politischen Entwicklungen im Deutschland der Dreißigerjahre. Die erste Ausgabe erschien 1935. Das Buch handelt von drei Familien unterschiedlicher Schichten in einer Kleinstadt am Bodensee. Der Fokus liegt auf den Müttern und deren Töchtern, die sich pubertären Träumen hingeben – und der Nazi-Propaganda. Zum 70. Todestag von Hermynia zur Mühlen hat Cortis vergangenes Jahr das Hörbuch zu dem Roman eingesprochen. Bei der Beschäftigung mit der Autorin stellte Cortis fest, dass sie beide englische Wurzeln haben und den Hang, „über den eigenen Tellerrand hinauszusehen“. Mit Katharina Manojlovic vom Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek und LMU-Professor Sven Hanuschek wird Cortis am Mittwoch, 16. Februar, 19 Uhr, im NS-Dokumentationszentrum über zur Mühlen, ihre Zeit und ihre Werke sprechen. Zu hören sind auch Ausschnitte aus dem Roman. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Tagesaktuelle Corona-Regeln unter: www.ns-dokuzentrum-muenchen.de.

 

Aus der Hörbuchkritik von Florian Welle in der SZ am 19. August 2021