Weiter. Leben.

Ruth Klüger 1992: „Weiter leben“

Öfter kommen Leute zu mir, die mir sagen:

„Ich habe den oder jenen gekannt, der in Theresienstadt war, erinnern Sie sich an den oder die?“ Nie hab ich diese Frage bejahen können. Theresienstadt war kein Dorf, wo man in Ruhe alle Nachbarn kennenlernen und mit ihnen verkehren konnte. Theresienstadt war ein Durchgangslager. Alles in allem sind fast 140tausend Menschen nach Theresienstadt deportiert worden, von denen nicht einmal 18tausend bei Kriegsende befreit werden konnten. Ich lebte dort mit 40- bis 50tausend Menschen, wo von Rechts wegen nur 3.500 Soldaten oder Zivilisten hingehörten. (…)

Heute ist mir Theresienstadt eine Kette von Erinnerungen an verlorene Menschen. Fäden, die nicht weitergesponnen wurden.

 

Der 10. Mai

Fäden aufnehmen.

Fäden wieder aufnehmen.

Nie aufhören.

Jeder Faden ein Mensch,

jeder Mensch ein Leben,

jedes Leben eine Geburt

und ein Tod.

Unsichtbare Fäden

aufnehmen

halten

weiter

spinnen.

j.c.

Beitragsbild: Yannick Thedens, Odeonsplatz München am 10. Mai 2025
Lesung gegen das Vergessen, zum Gedenken an die Bücherverbrennungen des 10. Mai 1933
Veranstalter: Kulturreferat München, Mohr-Villa Freimann, Paul-Klinger-Künstlersozialwerk

München im Nationalsozialismus: der jüdische Patient.

Im Münchner Stadtbezirk Sendling-Westpark, zwischen dem Westpark und dem Alten- und Pflegestift Augustinum, da liegt Neufriedenheim. Ein Stadtteil, in dem heute junge Menschen im Erasmus-Grasser- und im Ludwigsgymnasium die Hochschulreife erlangen. Bis 2011 befand sich dort neben diesen beiden Bildungseinrichtungen auch noch die Landesgehörlosenschule, in einem geschichtsträchtigen Gebäude: die ab 1891 als psychiatrische Klinik und Nervenheilanstalt erbaute und bis 1942 betriebene „Heilanstalt Neufriedenheim“ mit ihrem dazugehörigen großen Kurpark. Weiterlesen

Rückblende: Haas, Hoffmann, Horn und Cortis in „Alten Resten eine Chance!“

Die Schauspielerin Julia Cortis und der Musiker Alex Haas (Unsere Lieblinge) pfeifen auf falsche Bescheidenheit, wenn sie für ihre neue Revue trommeln, in der sie – erhellend der Titel – „Alten Resten eine Chance“ geben, und das auch noch als „Weltpremiere“. Musikalisch wiederverwertet werden mehr als einhundert Jahre deutsche Kleinkunst, Kabarett und Schlagerparade von Friedrich Hollaender über Claire Waldoff und Bill Ramsey bis zu Element Of Crime. Unterstützung bekommen sie dabei vom Musiker Sinisa Horn und dem Kabarettisten Florian Hoffmann („Totales Bamberger Cabaret“).

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Vom Trauma zur Power: Laurie Halse Anderson

Sie ist eine lebhafte, empathische, humorvolle und unbeirrbare Autorin, die unter 251 Kandidaten für den diesjährigen Astrid Lindgren-Gedächtnispreis (ALMA) ausgewählt wurde: Laurie Halse Anderson. Am 2. Mai 2023 hat die US-Amerikanerin den hochdotierten Preis in Stockholm in Empfang genommen für ihr phantasievolles, einfühlsames, mutiges Schreiben im Geiste der 2002 gestorbenen Kinder- und Jugendbuchautorin. Weiterlesen