Als Verlagskind ist mir die Münchner Bücherschau seit frühen Jahren ein geschützter Wohlfühlort gewesen.
In diesem Jahr fand sie zum zweiten Mal wieder dort statt, wo sie für mich immer schon hingehörte: ins Haus der Kunst. Inzwischen zieht es mich nicht mehr nur aus nostalgischen Gründen im November zur Eröffnung des Bücherfests; handfeste berufliche Interessen und der wunderbare, beglückende Austausch mit Büchermenschen und über Literatur in jeder Form kulminieren in diesem weitläufigen, freundlichen Rahmen, der in jedem Jahr wieder ein wenig anders ausfällt.
Hasnain Kazim, bekennender Fahrradreisender und Autor mit soziologischem Interessensschwerpunkt, hielt dort am 13. November eine flammende Rede über unser Miteinander und das Zuhören, das uns allen vor lauter Sprechen abhanden gekommen ist, und mit diesem zweifelsohne auch das Verstehenkönnen unseres Gegenübers. Letztlich ein Rückbezug auf die Sprechakttheorie, wonach jedes Sprechen immer auch Handeln ist, wir mit dem Sprechen selbst etwas bewirken wollen und dafür aber auch Verantwortung übernehmen müssen. Wer redet, handelt. Und sollte sich der Wirkung und Taten seiner Worte auch bewusst sein. Und lieber öfter mal zuhören.
Doch noch bevor die einleuchtende wie aufrüttelnde Eröffnungs-Keynote des Autors und Journalisten Kazim aus Hollern-Twielenfleth – dessen politischer Reisebericht „Deutschlandtour“ an dieser Stelle wärmstens empfohlen wird – beim anwesenden Publikum ihre Wirkung entfalten konnte, hörte ich gerade noch rechtzeitig den klaren Ruf meiner Freundin vom Börsenverein: „Kannst du moderieren?“ „Klar, kann ich.“ Manchmal steht Vernunft nur im Weg, dachte sich meine innere Rampensau unbesonnen und schon wurde durchs Sprechen gehandelt – oder gehandelt, um zu Sprechen.
Antje Weber schrieb anschließend in der SZ: „Julia Cortis beweist jedoch, dass mit beherzter Improvisation so manch unangenehme Situation zu meistern ist. Zum Beispiel, wenn zunächst drei sehr unterschiedliche Würdenträger ins Gespräch über Bücher zu bringen sind.“ und sie appelliert leise am Schluss:
„Hasnain Kazim endet mit einem Plädoyer für Reflexion und Besonnenheit – und für Zivilcourage im richtigen Moment. Wie sich das alles im beginnenden Winter praktisch umsetzen lässt? Ein bisschen Mut zur Improvisation wird fürs Erste nicht schaden.“ Bestimmt nicht.