„Kinder mit Stern“ – Warum Gedenkarbeit wichtig ist.

Im vergangenen November las ich zum wiederholten Mal in einer Freisinger Schule, diesmal aus dem Roman „Kinder mit Stern“ der Niederländerin Martine Letterie. Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen des Camerloher Gymnasiums hörten erst andächtig zu und diskutierten anschließend mit mir über die Verbrechen der Nationalsozialisten und ihrer Unterstützer in ganz Europa. Einer der Schüler schrieb danach über seine Eindrücke einen Bericht, den ich gerne hier veröffentliche. Denn er zeigt, wie wichtig es gerade heute ist, mit Jugendlichen im Gespräch zu bleiben über die unsägliche deutsche Vergangenheit.

Gebannt sitzen wir – die Schülerinnen und Schüler der 9. Jahrgangsstufe – im Kellertheater und hören Julia Cortis, Sprecherin beim Bayrischen Rundfunk, zu, wie sie im Rahmen des jährlichen literarischen Herbstes aus dem Buch „Kinder mit Stern“ von Martine Letterie vorliest.

Die Geschichte handelt von den sechs 6- bis 8-jährigen Kindern Bennie, Klaartje, Rosa, Jules, Ruth und Leo, die zur Zeit des Nationalsozialismus in jüdischen Familien in den von den Deutschen besetzten Niederlanden leben. Sie werden abgeholt und in das Lager Westerbork gebracht, wo sie auf ihre Deportation warten sollen. Im Kern steht die Naivität der Kinder, die sich der Tragweite der Ereignisse überhaupt nicht bewusst sind und das Bemühen der Eltern, ihre Kinder vor all dem abzuschirmen. Dabei schafft es die Autorin, diese sehr tiefgehende Thematik auch für jüngere Leser begreiflich zu machen, jedoch auf eine sehr feinfühlige, kindgerechte Art und ohne verstörend zu wirken. Außerdem entstand das Werk in Zusammenarbeit mit dem Erinnerungszentrum Westerbork, wo tatsächlich viele Kinder gefangen gehalten wurden, was es historisch sehr akkurat macht.

Frau Cortis erzählt diese sehr ernste Geschichte gefühlvoll und mitreißend, ganz nach ihrem Motto “Im Sprechen wie in der Musik stimmig gestimmt sein – und es hörund fühlbar machen.”. Das ermöglicht es uns, uns in die Kinder und ihre Situation hineinzudenken und uns ihre Lage vor Augen zu führen. In einer anschließenden Diskussion stellen wir fest, dass es uns alle trotz der eigentlich jüngeren Zielgruppe sehr betroffen und nachdenklich gemacht hat. Anschließend sprechen wir noch weiter mit Frau Cortis über die Zeit der Judenverfolgung und auch über ihr Engagement im Projekt „Stolpersteine“, welches in ganz Europa kleine Gedanktafeln die sog. Stolpersteine zur Erinnerung an die Opfer der NS-Zeit aufstellt, was sicher auch in die Vorlesung eingeflossen ist.

Allgemein möchten wir uns bei Frau Cortis und auch dem Kulturkreis Modern Studio e.V., der den literarischen Herbst organisiert, herzlich für dieses unvergessliche Erlebnis bedanken. 
Von Sebastian Dohmen

mit Fotos am 5.12.2019 erschienen auf den Seiten des Camerloher Gymnaisums Freising

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